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Rede zum Antrag: Entwicklung einer Corona-Teststrategie für KiTas und Kindergärten

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,

meine Damen und Herren, 

 

als wir diesen Antrag Anfang September eingereicht haben und er in den Ausschüssen diskutiert wurde, mag manch einer noch gedacht haben, dass wir das Schlimmste bereits hinter uns hätten und unser Antrag daher unnötig sei. Von damals 86 ist die Inzidenz jedoch inzwischen in nie dagewesene Höhen von weit über 300 gestiegen und in immer mehr Kliniken müssen wichtige OPs verschoben werden, da sie mit COVID-Patienten überfüllt sind. Bei der Diskussion um die Pandemie der Ungeimpften wird viel zu oft ausgeblendet, dass die Inzidenzen in den jungen Altersgruppen, für die noch kein Impfstoff freigegeben wurde, am höchsten sind. Bei den 0-4-Jährigen lag sie in der vergangenen Woche bei 110 und das obwohl in dieser Gruppe am wenigstens getestet wird. Bei den 5-9-Jährigen lag sie gar bei 345. Und das sind wie gesagt Werte aus der letzten Woche, in der die Gesamtinzidenz noch bei 200 lag.

 

Seit Beginn der Pandemie mussten Kinder immer wieder zurückstecken, um Erwachsene zu schützen und so auch die Wirtschaft am Laufen zu halten. Sie durften nicht befreit mit anderen Kindern im Spiel die Welt entdecken, sondern saßen zu Hause und mussten von den am Küchentisch arbeitenden Eltern immer wieder auf später vertröstet werden. Viele, gerade weniger privilegierte Kinder haben in dieser Zeit den Anschluss verloren und die Schere zwischen Kindern aus unterschiedlichen Lebensverhältnissen ging noch weiter auseinander.

 

Zum Dank für diese 1,5 Jahre voller Entbehrungen machen wir sie jetzt zu Versuchskaninchen für Long COVID Studien und riskieren, dass wir doch wieder Kitas schließen müssen. Dass unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft das aushält, bezweifle ich aktuell zunehmend.

 

Wir sind jetzt also längst in der Phase, in der wir die von uns in diesem Antrag geforderte Teststrategie, die natürlich nicht mehr die gleiche sein kann, die vielleicht einmal für den Sommer entwickelt wurde, brauchen könnten, doch gibt es sie entweder immer noch nicht, oder sie wurde nicht allen Trägern kommuniziert. Schon vor einem Monat konnte man in der lokalen Presse nachlesen, dass die Stadt knapp 227.000 EURO vom Land Hessen für Corona-Tests für Kita-Kinder erhält. Eine aktive Kommunikation, wie diese Mittel nun eingesetzt werden, wie Kitas an Tests kommen um sie an die Eltern weiterzureichen und wie sie insgesamt mit dem Thema in einer Zeit der eskalierenden Inzidenzen umgehen sollten, gab es bis heute aber nicht. In der Gießener Allgemeinen steht, dass diese Mittel, ich zitiere, „für das Pilotprojekt an der Kita »Wilde 13« verwendet werden“. Da das Land nur die Hälfte der Kosten übernimmt, sind das 450.000€ für ein Pilotprojekt in einer Kita und dort auch nur für die Hälfte der Kinder? Das kann wohl kaum sein. Unklar ist auch, was überhaupt das Ziel des Pilotprojekts ist, wann es ausläuft und was mit den Ergebnissen passiert. Im Frühjahr, wenn alle Kinder einmal durchseucht wurden, hilft uns eine Auswertung auch nichts mehr.  

 

Wir als Politik, sowie die Verwaltung und insbesondere Sie als Dezernentin Frau Weigel-Greilich, stehen in der Verantwortung unsere Kinder jetzt vor einer Durchseuchung zu schützen. Die Verantwortung können Sie nicht einfach an Eltern und Kitas delegieren und sie mit ihrer Unsicherheit allein lassen. Ohne einheitliche und klar kommunizierte Handlungsempfehlungen ist eine Pandemie, bei der man darauf angewiesen ist, dass möglichst viele mitziehen, nicht einzuhegen. Natürlich kann es keine Verpflichtung, weder der Eltern noch der Kitas geben, Tests durchzuführen. Aber ein dringender Appell, sowie Hilfestellung für die Kitas bei der Umsetzung, wie zum Beispiel bei der Beschaffung der Tests und der Kommunikation an die Eltern, kann doch nicht zu viel verlangt sein.  

 

Ihr Verweis auf die kostenlosen Bürgertests lässt nicht nur die Lebenswelten, zum Beispiel von Alleinerziehenden außer Acht, die sich nicht mal eben zwei Mal die Woche in die Schlange eines Testzentrums stellen können. Er ist auch nicht schlüssig, denn auch die Landesregierung ist ja offensichtlich der Meinung, dass dies nicht ausreichend ist und stellt daher Mittel zur Verfügung. Ganz abgesehen davon, dass man sich mit dieser Argumentation auch die Tests in Schulen sparen könnte.

 

Herr Grothe hatte im HFWRE im September völlig recht, als er sagte, dass wir uns solche Debatten ersparen KÖNNTEN, wenn alle Erzieherinnen, Erzieher und Eltern geimpft WÄREN. Wir leben jedoch nicht im Konjunktiv und ich halte daher eine „Augen zu und durch“-Strategie nicht für den richtigen Weg, um die Gesundheit von Kindern zu schützen und Kitas dauerhaft geöffnet zu halten.

  

Es bedarf jetzt eines einheitlichen Konzepts und einer klaren proaktiven Kommunikation an Eltern und Kitas, damit wir als Gemeinschaft durch diese Pandemie kommen. Ich bitte Sie daher inständig, unserem Antrag zuzustimmen. Vielen Dank.

 

 

Gehalten von Johannes Rippl, Gigg+Volt, im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung am 18. November 2021

Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.